Kihrin hätte es besser wissen müssen, als dem hinterlistigen Zauberer Relos Var zu vertrauen, aber als Kihrin, Janel und ihre Freunde erkennen, dass Var sie erneut verraten und nichts als seine eigenen dunklen Pläne verfolgt hat, ist es jedoch zu spät: Die Stadt Atrine ist dem Untergang geweiht, Kihrin hat sein mächtiges Schwert Urthaneriel, genannt der Untergang der Könige, verloren, und Vol Karoth, der König der Dämonen, ist in seinem Gefängnis erwacht und sinnt auf die Zerstörung der ganzen Welt. Um dies zu verhindern, werden Kihrin und seine Freunde von den Acht Unsterblichen beauftragt, Vol Karoth zu töten. Leichter gesagt als getan, weiß Kihrin doch inzwischen, dass er die Reinkarnation von S’arric, einem der Acht Wächter, und noch dazu Relos Vars Bruder ist, der nach einem fehlgeschlagenen Ritual zu Vol Karoth geworden ist. Nun da dieser wieder erwacht ist, wird Kihrins Verbindung zu ihm immer stärker, ja, der junge adelige Zauberer verspürt sogar einen unwiderstehlichen Drang, sich dem Dämonenkönig anzuschließen. Doch zunächst sehen sich Kihrin, Thurvishar, Janel und Teraeth, die vier „Söhne“ aus den Devoranischen Prophezeiungen, die das Ende der Welt voraussagen, einer anderen tödlichen Gefahr ausgesetzt: Ihr Versuch den König der Vané zu überzeugen, das Ritual der Nacht durchzuführen, mit dem Vol Karoth wieder gebannt werden soll, die Vané aber ihre Unsterblichkeit kosten wird, ist gleich zu Beginn hoffnungslos gescheitert: Als Resultat finden sich die Vier schutzlos in der Korthaenischen Ödnis wieder, was allein schon totbringend genug wäre, aber zu allem Überfluss sehen sich auch noch mit dem Drachen Rol’amar konfrontiert. Schlimmer kann es nicht werden, könnte man meinen, doch es kann und so kommt es dann auch: Ein Mordanschlag jagt den nächsten, Gottkönige und legendäre Zauberer werden gesucht und wieder verloren, eine schrecklich-schaurige alte Bekannte taucht wieder auf – Langweile garantiert ausgeschlossen! Wird es den vier Freunden tatsächlich gelingen, Relos Vars’ Pläne dauerhaft zu durchkreuzen und den Weltuntergang noch einmal zu verhindern? Oder werden sie vielmehr diejenigen sein, die ihn endgültig auslösen?
Wie schon in den ersten beiden Bänden der Drachengesänge setzt Jenn Lyons auch im dritten Band der epischen Fantasy-Reihe wieder auf den ständigen Wechsel der Erzählperspektive. Diesmal geben sowohl Thurvishar, der als schlagfertiger Kommentator schon immer bei allen bisherigen Aufzeichnungen mitgemischt hat, sowie natürlich Kihrin den Ton an, außerdem die ehemalige Sklavin Talea, Kihrins Mutter Khaeriel sowie sein Vater Therin, Janel, Theraeth, Relos Vars Verbündete Senera, der Zauberer Grizzst und schließlich sogar noch die Gottkönigin Suless. Das sorgt für Spannung und äußerst abwechslungsreiche Eindrücke auf die Geschehnisse. Wem kann man trauen? Wessen Wahrheit ist wirklich wahr? Und was hat eigentlich zu dem ganzen Schlamassel geführt? Manchmal stellt sich tatsächlich die Frage, ob man immer noch in einem Fantasy- oder doch insgeheim in einem SF-Roman gelandet ist. Unverzichtbar sind auf jeden Fall die Anhänge, ohne die es auch für aufmerksame Leser schwer wird, den Überblick über alle Ereignisse und Figuren zu behalten: Wer ist die Reinkarnation von wem? In welchem Leben war wer mit wem liiert? Wie sind die zum Teil wirklich vertrackten Verwandtschaftsverhältnisse? Das Enträtseln und Aufdecken der Spuren über die Jahrhunderte, ach was Jahrtausende, macht großen Spaß, man muss sich allerdings darauf einlassen und bereit sein für diese immens umfangreiche Weltenschöpfung. Aber Achtung: Sowohl das Glossar als auch die Stammbäume der Acht Wächter und ihrer Familien und erst recht die Zeittafel verraten einiges über den Verlauf der Geschichte bzw. vielmehr über die Erinnerungen der Seelen an ihre Vergangenheit, also an Ereignisse aus ihren früheren Leben. Wer vor Ende des Buches einen Blick riskiert, tut dies auf eigene (Spoiler-)Gefahr.
Sowieso hat Jenn Lyons sichtlich Spaß an der epischen Ausführung ihrer epochalen Geschichte. Immer noch gibt es eine zusätzliche Anekdote, ein zusätzliches Detail, eine Theorie oder Vermutung, die die Helden auf die richtige Spur, vielleicht aber auch auf einen ganz falschen Weg führt. Nichts ist sicher, alles ist möglich. Auch Hauptcharaktere sind nicht vor dem Tod gefeit, allerdings bietet Lyons’ Welt diverse Möglichkeiten aus dem Nachleben zurückzukehren, wenn man es denn soweit geschafft hat. Es geht schon recht blutig, sehr drastisch und auch sehr freizügig zu, d.h. definitiv nichts für zartbesaitete, empfindsame Seelen! Aber keine Sorge: Ein ordentlicher Schuss schwarzer Humor und jede Menge skurrile Ideen heitern das Ganze erheblich auf.
Die Erinnerung der Seelen: Drachengesänge 3
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