Am höchsten bewertete kritische Rezension
3,0 von 5 SternenOkay, wunderschönes Cover, aber einfach... okay
Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 28. November 2014
Nach dem enttäuschenden sechsten Band obliegt es nun diesem siebten Roman, die jangjährige Reise Potters zu Ende zu führen. Gelingt es? Antwort: Ja... und nein. Doch dazu später mehr.
Kommen wir erstmal zur Geschichte:
An eine Rückkehr nach Hogwarts ist für Harry nicht zu denken. Er muss alles daransetzen, die fehlenden Horkruxe zu finden, um zu vollenden, was Dumbledore und er begonnen haben. Erst wenn sie zerstört sind, kann Voldemorts Schreckensherrschaft vergehen. Mit Ron und Hermine an seiner Seite und einem magischen Zelt im Gepäck begibt sich Harry auf eine gefährliche Reise, quer durch das ganze Land. Als die drei dabei auf die rätselhaften Heiligtümer des Todes stoßen, muss Harry sich entscheiden. Soll er dieser Spur folgen? Doch er ahnt schon jetzt: Welche Wahl er auch trifft - am Ende des Weges wird der Dunkle Lord auf ihn warten ...
Nachdem besagte Horkruxe im vorherigen Buch recht ordentlich eingeführt wurden, macht sich unser bekanntes Trio nun endlich auf, sie aufzuspüren und zu vernichten. Oder auch nicht. Denn vorher müssen wir noch die Hochzeit von Fleur und Rons grossem Bruder Bill über uns ergehen lassen. Ist das so schlimm? An sich nicht, nur leider wird diesem Thema, für meinen Geschmack, doch viel zu viel Zeit gewidmet, insbesondere, da mir diese beiden Charaktere offen gestanden ohnehin sonst wo vorbei gingen. Warum brauchen die überhaupt eine Hochzeit? Warum riskieren sie die Leben ihrer Verwandeten für solch eine unnötige Feier? Ich meine, wenn du eine Hochzeit brauchst um an die Liebe zu deinem Partner glauben zu können... ja, vielleicht eine schlechte Idee. Oder besser gesagt: Filler. Denn leider krankt auch dieser Abschluss daran, dass unzählige Dinge vorhanden sind, welche weder der Story noch den Charakteren irgendwas bringen, offensichtlich einzig dazu gedacht, die Seitenzahl unnötig hoch schiessen zu lassen. In meinem, beinahe zwanzig Jahre alten, Leben, habe ich bereits eine Menge Romane gelesen. Manche dicker, andere wiederum dünner. Einzelbände, oder auch ganze Reihen. Dies erwähne ich nicht, um anzugeben, sondern schlichtweg deshalb, weil sich durch all das viele lesen eine besonders wichtige Überzeugung herauskristallisierte: Keiner Reihe tut es gut, wenn sie dem sicheren "Drei-Bände-Hafen" den Rücken zu kehrt. Inbesondere, wenn es offenbar einzig zu Gunsten der Cash-Cow geschieht. Denn womit wollen wir die sieben Bände rechtfertigen? Ja, Hogwarts war alles in allem eine clevere Idee, insbesondere da sich die ehrwürdige Schule hervorragend eignete, um Bestandteile der ihr zugrunde liegenden Welt zu etablieren. Doch selbst das Argument, dass wir auf diese weise der Zauberer-Ausbildung beiwohnen dürfen, fällt letztlich doch flach, denn: A) Harrys Schulzeit entspricht nicht annähernd der Norm, und B) das siebte und letzte Jahr wird ausgelassen und auch nie wieder nachgeholt. Vielleicht habe ich mich gerade nicht sehr gut erklärt, Nachfragen sind also durchaus nicht zu verachten, aber meiner Meinung nach, hätte HP eine Zahl von drei, oder höchstens vier Romanen doch weit besser gestanden. Denn so hätten die jeweiligen Mitten nicht zu neunzig Prozent aus unnützem Filler zu bestehen brauchen. Auch eine Seitenzahl die über fünfhundert geht, führt nicht selten zu Längen. So auch hier. Denn wie die meisten Potter-Bände darf auch der Roman hier einen ordentlichen Anfang (von einigen entnervenden Sprüchen und Witzen abgesehen) mitsamt eines gelungenen Finales sein Eigen nennen. Die Mitte... oh boy! Wie schon bei Nummer sechs ist der Mittelteil VIEL zu langezogen, so das der Endkampf gar keine Chance mehr hat, den gesamten Schaden zu beheben. Letzten Endes sind die zentralen Kritikpunkte, wegen derer ich dieses Finale einzig als "Okay" einstufen kann, diese hier:
Erstens:
Vielleicht ging das nur mir so, aber in keinem der Vorgänger war mir je derart bewusst, dass eigentlich beinahe alle Charaktere ausser Harry flach sind wie Flundern. Sogar Hermine und Ron, welche nie über ihre grundcharakteristik hinausgekommen sind (Die Kluge im Team, der Witzbold im Team). Ausnahmen bilden selbstverständlich etwa Snape und die Dumbeldore-Brüder. Bislang hat mich dieser Fakt aber nie wirklich gestört. Was hat sich also geändert? Nun, bislang schien Rowling sich dieses Umstands auch selber bewusst zu sein, da besagte andere meist nicht im Fokus der Handlung standen: Seamus, Dean, und wie sie nicht alle heissen dienten vorher einzig dem Zwecke des "Stichwort-Gebens", dem reagieren auf das, was Harry und seinen Freunden so wiederfährt. Nun schien sich die Autorin jedoch plötzlich umentschieden zu haben, da wie aus dem nichts solch bizzare Subplots eingebaut wurden, wie: "Dean Thomas wird vermisst. Seine Schwestern machen sich Sorgen." Warum? Warum soll es mich interessieren, ob dieser blasse Charakter am Ende noch lebt? Näher als im sechten Band durch seine Beziehung mit Ginny, ist er dem Rampenlicht nie gekommen. Nicht mal annähernd. Bis zu diesem Buch wussten wir nur eine einzige Sache über ihn: Er ist muggelstämmig. Oh, und er mag quidditch. Wie anscheinend jeder in dieser Reihe. Selbiges gilt für Mad-Eye. Ich fand ihn ja ganz unterhaltsam, aber als er dann starb, da tauchten urplötzlich so viele Fragezeichen im meinem Kopf auf. Was wussten wir schon über ihn? Warum soll mich sein Tod kümmern? Vor allem, wenn selbst der eigentliche Roman nicht lange um die sterbenden trauert. Und versteht mich nicht falsch: Ich habe grossen Respekt davor, dass Rowling sich gegen die "Return of the Jedi" Richtung entschied, wonach sämtliche Protagonisten auf magische Weise unbeschadet davonkommen würden. Aber gleichsam wissen wir einfach nicht genug über diese Figuren, um wahrhaft behaupten zu können, dass wir sie kennen. Was mochten sie? Was fürchteten sie? Wann war ihr jeweiliger Geburtstag? Wer waren ihre Freunde? Himmel, wie genau sahen sie eigentlich aus?
Und hier liegt eine der grössten Schwächen dieses Romans. Nicht, dass so viele Charaktere sterben, sondern die Art wie das ganze vor sich geht. Die wenigsten Tode erleben wir mit, und obwohl Harry und co. sehr wohl drauf reagieren, fallen diese armen Seelen recht schnell der Vergessenheit anheim. Tatsächlich vergass ich den Grossteil von ihnen schon innert wenigen Seiten. Manche kannten wir ja auch überhaupt nicht, wie etwa Ted Tonks. Oder seine Frau, auf deren Erscheinen ich sehr gespannt war, welche so ungefähr drei Sätze von sich geben darf und dann nie wieder vorkommt. Traurig gemacht hat mich natürlich Dobbys Tod, welcher aber im Film irgendwie besser rüberkam, keine Ahnung, warum. Eventuell weil seine letzten Worte dort nicht nur "Harry Potter" wie im Roman sind, sondern ein ganzer, hoch emotionaler Satz: "Dobby ist glücklich... dass sein Freund bei ihm ist." Und dann noch dieser beinahe schon weinende Tonfall! Oh, es bricht mir das Herz! Und dieses Drama war wirklich hervorragend! Aber meistens sterben die Figuren einfach dahin, und zwar in einer solchen Menge, das die Sache nicht ganz einer unfreiwilligen Komik entbehrt.
Zweitens:
Bellatrix. Meine Lieblingsantagonistin in allen Büchern. Irgendwie mag ich sie als Bösewicht sogar noch mehr als Voldemort selbst - was zweifellos auch damit zu tun hat, dass Helena Boham Carter sie in den Verfimungen so grandios verkörperte. Aber in den Büchern war ich doch etwas schockiert, wie wenig Raum man ihr - ausser Snape selbst, der einzig Interessante Todesser-Charakter - zugestand. Mir gefiel beispielsweise sehr gut, wie viel Screentime sie im sechsten Film erhielt. Allein ihr kurzer Wortwechsel mit Dumbeldore hoch oben auf dem Astronomieturm - Brilliant! Und dann erhält sie im Buch nur eine einzige Szene und kommt im gesamten restlichen Roman nie wieder vor - WTF?! Und obwohl sie im letzten Buch mehr Raum erhält (weniger wär auch schwer zu realisieren gewesen, oder?) war ich wirklich fassunglos ob ihres Endes. Ich will nicht zu viel vorweggeben, aber sie fällt im Duell mit einem Charakter, bei dem in der gesamten Reihe vorher noch kein einziges mal auch nur angedeutet wurde, dass er zum Kampf fähig ist. Aber in Ordnung, besagte Person ist Mitglied im Phönix-Orden, also kann man durchaus annehmen, dass diese Auffassung vorausgesetzt wurde - verständlich. Und mir gefiel ebenso, dass Bellatrix nicht etwa im direkten Kampf unterliegt, sondern ihr Gegner stattdessen einfach den Fakt aussnutzt, dass die siegessichere Todesserin sich vor lauter Hohn eine Blösse gibt. Aber mein Gott, der Kampf füllt nichteinmal eine ganze Seite! Und ganz ehrlich: Es fühlte sich wirklich an, als ob J. K. Rowling einfach keinen Bock mehr auf diesen Charakter hatte, sich aber des Umstands bewusst war, dass sie sie schlecht vergessen konnte, und ihr Ende somit einfach schnell dahinschrieb um sich dann der Handlung zu widmen, welche ihr Persönlich mehr zusagte. Im Film nicht besser, wie lange ging der Kampf dort? Anderthalb Minuten? Und warum zum Teufel explodiert Bellatrix dort, als sie getötet wird?
Und damit erreichen wir meinen allergrösten Kritikpunkt: Ron Weasley. Ich red nicht lange um den heissen Brei herum: Ich kann ihn nicht ausstehen. In den Büchern. In den Verfilmungen andererseits ist er mein absoluter Lieblingscharakter. Warum? Weil er dort witzig ist - ja, ich find seine Sprüche dort lustig! Und er ist sympathisch, ungeschickt, aber stets so bemüht. Und was ist er in den Romanen: Faul, ungehobelt, selbstmitleidig, arrogant und völlig Nutzlos! Ja, denkt mal drüber nach: Ausser in diesem Band hier, wo er Harry an einer Stelle das Leben rettet, leistet dieser Charakter in gut neunzig Prozent der Handlung NICHTS! Und gerade weil er mir in den Romanen derart unsympathisch ist, fiel dieser Fakt dort noch wesentlich härter ins Gewicht! Hier in Roman Nummer sieben nimmt das ganze allerdings völlig neue Masstäbe an. Denn anders als in den Vorgängern, wo es zumindest Szenen ohne ihn gab, quält er uns hier beinahe den gesamten Mittelteil lang mit seinem pausenlosen gemecker und gejammer! Gott, hasse ich diesen Kerl! Der einzige Grund, warum ich nicht wollte, dass er stirbt, ist weil es mir um seinem nettes Film-Ich Leid getan hätte. Ansonsten nix, nix, was mir sein Schicksal zu Herzen gehen liess. Und das ist selbstverständlich nur einer von vielen Gründen, warum das Liebesdreieck in Band sechs so furchbar war: Nichts in dieser gesamten Buchreihe lässt mich nachvollziehen, warum zwei Frauen dieser Sympathie-Kreissäge hinterherrennen sollten! Am Anfang der Reihe dachte ich ja, dass es Rons Rolle sein würde, Harry, Hermine und uns diese neue Welt zu erläutern - aber nein! Dann ist plötzlich Hermine das Superhirn, in allen Belangen. Und von diesem Moment an, hat Ron NULL Daseinsberechtigung in der gesamten Reihe. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass er Harry einzig deshalb das Leben rettet, weil wohl selbst J. K. Rowling gemerkt hat, dass er mal besser was nützliches zur Handlung beitragen sollte, so nach sieben dicken Büchern. Aber wenn es irgendetwas gibt, weswegen ich die Mitte aller Bände überspringe, dann er. Wann immer er in den Büchern das Maul öffnet, sinkt das Niveau per Lichtgeschwindigkeit.
Die Story rund um die Heiligtümer, insbesondere das Märchen um die drei Brüder, sowie die Aufklärung dessen, war wirklich gelungen! Grosses Lob dafür! Ebenso sagte mir zu, die Vergangenheit Dumbeldores, Harrys Dilema bezüglich der Möglichkeit, dass er den alten Mann eventuell nie auch annähernd verstand und, vor allem, Phineas Nigellus. Oh.... mein... Gott! Ich liebe diesen Kerl! Ja, er ist stereotyp, ja er ist klischeehaft, aber es ist wie mit dem Dialog "Damit kommst du nicht durch" "Aber das bin ich doch schon längst!" Das Klischee macht solchen Spass!
Das Finale:
Spätestens hier scheiden sich wohl die Geister. Manche mögen die finale Konfronation zwischen Voldemort und Harry, andere erachten sie als stinkend langweilig und enttäuschend. Und ich? Ich stehe irgendwo dazwischen. Einerseits ist es recht mutig, wie die Autorin dieses letzte Gefecht wirklich Dialog-Lastig aufsetzt und es bis auf einen gleichzeitigen Angriff von beiden zu keinem wirklichen Kampf kommt. Aber auf der anderen Seite weiss Harry hier plötzlich Dinge, die er zuvor doch gar nicht rausgefunden hat, und zum andren... ja, nach sieben Büchern ist das ganze vielleicht etwas Schwach ausgefallen. Aber mir müssen uns der Wahrheit stellen: Diese Konfrontation stand schon seit langem unter keinem guten Stern. Denn zwei Dinge wurden vor diesem Buch wieder und wieder etabliert: Voldemort ist nach Dumbeldore selbst, der wohl mächtigste Zauberer aller Zeiten. Und Harry ist ganz und gar mittelmässig. Mit anderen Worten, unser Protagonist hätte nicht den Hauch einer Chance gegen seinen Erzfeind, da er weder mit besonderen Fähigkeiten geboren wurde, noch sich zum Erlangen solcher hinentwickelt. Der Kampf würde keine Minute dauern. Daher die Heiligtümer, welche offensichtlich einzig dem Zweck geschuldet sind, sich um das offenbar schlecht durchdachte Kräfte-Balanceing herumwinden zu können. Die Umsetzung mag einen Hauch an Billigkeit an sich haften haben, doch alles in allem bin ich durchaus zufrieden mit dem Ergebnis.
19 Jahre später:
Ja, was soll ich zu dem Abschlusskapitel schon gross sagen? Es ist gut wie unterhaltsam geschrieben, aber konnten wir uns nicht beinahe jede der darin enthaltenen Informationen denken? Harry und Ginny kommen zusammen (Nein! Und da hab ich noch gedacht, ihre fossierte Trennung im Vorgänger wär entgültig). Ron und Hermine kommen zusammen (Oh mein Gott, wirklich?). die Paare haben Kinder (Sag bloss!). Wieso konnte man das ganze nicht aufziehen wie im Anime Dragonball Z, wo die letzten Episoden völlig dem Zweck gewidmet wurden uns die Welt der Protagonisten umfangreich vorzustellen, wie sie nach der Niederlage ihres ärgsten Feindes nun aussieht? Den einzigen Lichtblick stellte hierbei für mich dar, dass Neville Kräuterkunde-Lehrer an Hogwarts wird. Hat mir wirklich sehr gut gefallen, denn seine Vorliebe für dieses Fach wurde gekonnt etabliert und erfuhr hier nun ein herrliches Payoff. Ansonsten ist das Kapitel nicht schlecht, aber grösstenteils unnütz.
Resüme:
Nachdem Rowling selbst die Latte über die Jahre immer mehr anhob war klar, dass sie die ins Finale gesteckten Erwartungen nicht gänzlich würde erfüllen können. Doch wenn ich mir das Ergebnis so ansehe, besonders im Vergleich mit dem, was andere Autoren unter dem selben Druck so hinklatschten, dann bin ich wirklich beeindruckt! Alles in allem ein Finale, welches der Reihe durchaus gerecht wird, aber... nach einmaligem lesen gibt es für mich keinen Grund mehr, den Mittelteil je wieder in Angriff zu nehmen.