Mit "Josefine und ich" hat der Dichter und Essayist Enzensberger ein Genre gewählt, das vor allem in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts populär war: die Künstlernovelle. Da die anderen drei Rezensenten schon ausführlich über Protagonisten, Plot und Form der Erzählung gesprochen haben, beschränke ich meinen Beitrag auf zwei Besonderheiten:
Soweit ich es beurteilen kann, ist diese Novelle Enzensbergers einzige fiktive Prosa für Erwachsene und verdient daher besondere Beachtung. Wie der Autor unlängst in einem Interview gestand, hält sich sein Interesse am Verfassen erzählender Prosa in für einen Lyriker nachvollziehbaren Grenzen. Warum hat er sich dann überhaupt und erst spät in seiner Laufbahn für eine Fiktion entschieden? War es der Reiz, auch auf diesem literarischen Feld zu spielen und sich zu bewähren? Kein Zweifel, Enzensberger ist ein Autor, der gerne Formen ausprobiert, die man gemeinhin nicht von ihm erwartet. Es gibt aber noch einen anderen Grund, der ihn zum Schreiben einer Künstlernovelle bewegt haben könnte, und der ihm möglicherweise gar nicht bewusst ist, nämlich der folgende:
Jeder Text hat einen Subtext, der auf eine tiefere Bedeutung verweist und nicht immer leicht zu entschlüsseln ist. Im Gegenteil, oft stoßen Leser und Autor erst nach wiederholter Rezeption auf dieses geheime Juwel. Welcher Subtext liegt nun zwischen den Zeilen dieser Geschichte über eine vergessene Sängerin und einen jungen, aufstrebenden Wissenschaftler verborgen? Ich vermute, es ist die Angst des Künstlers vor dem Vergessenwerden. Der Autor ist zwar keine Sängerin wie Josefine und auch kein Forscher wie Joachim, aber doch ein Künstler mit wissenschaftlichen Interessen, was er ja als Essayist oft genug bewiesen hat. Kurz gesagt: In "Josefine und ich" probt das Alter Ego des Autors das Vergessensein, ein Schicksal, das Enzensberger im Leben erspart blieb, dessen Möglichkeit aber wie ein Schatten seine (öffentliche) Existenz begleitet und daher irgendwann einmal verarbeitet, oder sollte ich besser sagen, sublimiert werden musste. Zur Freude der Leserin ist ihm diese Sublimierung gelungen.

Josefine und ich
Audible Hörbuch
– Ungekürzte Ausgabe
Hans Magnus Enzensberger
(Autor, Erzähler),
Werner Wölbern
(Erzähler),
Sascha Maria Icks
(Erzähler),
Der Hörverlag
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Wer ist Josefine? Joachim, der Erzähler dieser wunderbaren kleinen Geschichte, begegnet der Sängerin und Grande Dame zum ersten Mal 1990, als sie fast Opfer eines Taschendiebs wird. Aus der zufälligen Begegnung erwachsen regelmäßige Treffen zum Tee, anregende Gespräche über das Leben, die Liebe und die Literatur, und langsam entsteht eine Freundschaft. Doch immer bleibt ein Rest Ungewissheit: Was steckt hinter ihren schillernden Erzählungen? Lügt sie? Kann sie überhaupt singen? Welche Rolle spielt Fryda, die Haushälterin, in Josefines Leben? Als Joachim zwanzig Jahre später auf sein Tagebuch stößt, gesteht er: "Ich vermisse diese Ohrenbläserin. So viel Haltung. So wenig Sentimentalität. Ich wünsche jedem, der heute dreißig ist, eine Josefine. Nur fürchte ich, solche Menschen wie sie gibt es nicht mehr"
©2006 Der Hörverlag (P)2006 Der Hörverlag
- Spieldauer1 Stunde und 18 Minuten
- Erscheinungsdatum11. Februar 2011
- SpracheDeutsch
- ASINB004NEM9BC
- VersionUngekürzte Ausgabe
- FormatHörbuch
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Produktinformation
Spieldauer | 1 Stunde und 18 Minuten |
---|---|
Geschrieben von | Hans Magnus Enzensberger |
Gesprochen von | Hans Magnus Enzensberger, Werner Wölbern, Sascha Maria Icks |
Audible.de Erscheinungsdatum | 11 Februar 2011 |
Verlag | Der Hörverlag |
Format | Hörbuch |
Version | Ungekürzte Ausgabe |
Sprache | Deutsch |
ASIN | B004NEM9BC |
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Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 5. August 2011
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3 Personen fanden diese Informationen hilfreich
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Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 22. Juni 2006
Die zwei Protagonisten der Erzählung Joachim K., geschiedener Ökonom um die dreißig, und Josefine K., Mitte siebzig und mit ihrer Haushälterin allein lebend, lernen sich per Zufall kennen. Als Joachim einen Handtaschendiebstahl bei der älteren Dame verhindert,verhält sich diese gegenüber seiner heroischen Tat keinesfalls demütig. Ohne Dank, das Geschehen als selbstverständlich hinnehmend, lädt sie Joachim dafür in ihre Villa zum Nachmittags-Tee ein.
Aus dieser ersten Begegnung entwickeln sich regelmäßige dienstags- Treffen.
Skuril scheint sich die Umgebung von Josefine zu zeigen: zwischen Glamour und Niedergang ist sie eine Mischung aus Eitelkeit und Schein. Ohne Telefon, Kleidung, Interieur, zwar vornehm, dennoch spärlich eingerichtet.
Dazu eine ebenso ältliche Haushälterin, treu fürsorglich mit ihrer eigenen interessanten Lebensgeschichte.
Die angedeutete Vergangenheit der Josefine erweckt die Neugier des Lesers. Als Gesangsdiva früherer Zeiten lebt sie zurückgezogen, scheinbar auch die einstigen Künste abgelegt; nur wenig erinnert an vergangenen Ruhm und Erfolg. Joachim findet daher eine Faszination an der Ausnahmefrau, die in Ausnahmeverhältnissen lebt. Die Teezeiten entwickeln sich zu wortgewandten Dialogen, wobei alle großen Themen verhandelt werden, wie Ruhm, Eitelkeit, Gerechtigkeit, Materialismus, Liebe, Gesundheit...
Dabei ähneln die Diskussionen zuweilen einem Schlagabtausch an scharfsinnigen Argumenten, welche eine Mischung aus hochphilosophischem Gedankengut und ganz alltäglichen Vorurteils- und Schubladendenken darstellen. Das interessante sind die Wendigkeit der Dialoge, aber auch die widerprüchlichen Ansichten Josefines.
"Ich saß da vor dem Tee, der längst kalt geworden war, und wunderte mich über dieses Ungeheuer. Sie verwickelt mich in abstruse Debatten, führt sich auf, als wäre sie Sokrates. Dabei mißfällt ihr, wenn man ihr widerspricht. Widersprechen kann ich mir selber, sagt sie. Wenn es ihr in den Kram passt, beruft sie sich auf die Logik; wenn nicht, nicht. Mit ihren Tricks kann sie einen zur Weißglut treiben. Merkwürdig, was man sich alles von ihr gefallen läßt."
Die in Form eines Tagebuch beschriebenen Treffen stehen stets in der Ambivalenz von neugierigem Hingezogensein, aber auch empörtem Kopfschütteln. Joachim weiß selbst nicht, warum er, der beruflich stark engagiert ist, die Regelmäßigkeit der Dienstagstreffen einhält und welche Fasziniation ihn eigentlich hintreibt.
Zum Schluß erhält der Leser einen Blick auf das von Niederlagen und Entbehrungen geprägte Leben Josefines, die es aber dennoch geschafft hat, trotz Enttäuschungen und der Dekadenz des Äußeren die bewundernswerte Haltung einer großen Dame zu bewahren.
Aus dieser ersten Begegnung entwickeln sich regelmäßige dienstags- Treffen.
Skuril scheint sich die Umgebung von Josefine zu zeigen: zwischen Glamour und Niedergang ist sie eine Mischung aus Eitelkeit und Schein. Ohne Telefon, Kleidung, Interieur, zwar vornehm, dennoch spärlich eingerichtet.
Dazu eine ebenso ältliche Haushälterin, treu fürsorglich mit ihrer eigenen interessanten Lebensgeschichte.
Die angedeutete Vergangenheit der Josefine erweckt die Neugier des Lesers. Als Gesangsdiva früherer Zeiten lebt sie zurückgezogen, scheinbar auch die einstigen Künste abgelegt; nur wenig erinnert an vergangenen Ruhm und Erfolg. Joachim findet daher eine Faszination an der Ausnahmefrau, die in Ausnahmeverhältnissen lebt. Die Teezeiten entwickeln sich zu wortgewandten Dialogen, wobei alle großen Themen verhandelt werden, wie Ruhm, Eitelkeit, Gerechtigkeit, Materialismus, Liebe, Gesundheit...
Dabei ähneln die Diskussionen zuweilen einem Schlagabtausch an scharfsinnigen Argumenten, welche eine Mischung aus hochphilosophischem Gedankengut und ganz alltäglichen Vorurteils- und Schubladendenken darstellen. Das interessante sind die Wendigkeit der Dialoge, aber auch die widerprüchlichen Ansichten Josefines.
"Ich saß da vor dem Tee, der längst kalt geworden war, und wunderte mich über dieses Ungeheuer. Sie verwickelt mich in abstruse Debatten, führt sich auf, als wäre sie Sokrates. Dabei mißfällt ihr, wenn man ihr widerspricht. Widersprechen kann ich mir selber, sagt sie. Wenn es ihr in den Kram passt, beruft sie sich auf die Logik; wenn nicht, nicht. Mit ihren Tricks kann sie einen zur Weißglut treiben. Merkwürdig, was man sich alles von ihr gefallen läßt."
Die in Form eines Tagebuch beschriebenen Treffen stehen stets in der Ambivalenz von neugierigem Hingezogensein, aber auch empörtem Kopfschütteln. Joachim weiß selbst nicht, warum er, der beruflich stark engagiert ist, die Regelmäßigkeit der Dienstagstreffen einhält und welche Fasziniation ihn eigentlich hintreibt.
Zum Schluß erhält der Leser einen Blick auf das von Niederlagen und Entbehrungen geprägte Leben Josefines, die es aber dennoch geschafft hat, trotz Enttäuschungen und der Dekadenz des Äußeren die bewundernswerte Haltung einer großen Dame zu bewahren.