Am höchsten bewertete kritische Rezension
3,0 von 5 SternenUnterhaltsam, aber mit Schwächen
Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 18. Oktober 2019
Seit Anfang der 2000er Jahre, als ich mit "Das Lächeln der Fortuna" meinen ersten Roman von Rebecca Gablé las (und danach die bis dahin schon erschienenen weiteren drei) warte ich sehnsüchtig auf jedes weitere Buch. Spätestens seit "Der dunkle Thron" (dem schlechtesten Roman Gablés) stellen sich dann dich zunehmend Ermüdungserscheinungen ein. Bestimmte Dinge, ja ganze Handlungsmuster wiederholen sich doch in einer sehr ähnlichen Weise: Held dient sich in jugendlichen/jungen Jahren einem Dienstherrn an, macht an dessen Seite Karriere (aber nicht zu sehr, damit die fiktiven Waringhams(Helmsbys) nicht zu sehr mit der realen Geschichte in Konflikt geraten, fast immer gibt es eine unerreichbare Frau, die dennoch irgendwie erreicht wird, es gibt einen besten Freund, einen besten Feind und mindestens einmal wird der Held eingesperrt. Das alles funktioniert nur deshalb immer noch recht gut, weil das alles gekonnt in ein historisches Setting eingepasst wird.
Und damit kommen wir zum Problem: waren in den ersten Büchern noch mittelalterliche Welten erschaffen worden, die halbwegs mittelalterliche Mentalitäten bei den Protagonisten aufwiesen (die Andersartigkeit eines Robin of Waringham ist durch seine Biografie begründet), scheint Gablé zuletzt dieses Gefühl verloren zu haben, was stimmig für das Mittelalter ist und was nicht. Die handelnden Personen werden mit jedem Roman mehr zu modernen Menschen in einem einigermaßen historischem Setting. Doch selbst das bekommt Risse, die sich nicht selten an Kleinigkeiten bemerkbar machen. Ja, wie immer heiraten alle korrekterweise am Kirchenportal und nicht in der Kirche, aber wenn dann mal auf das Leben der Unterschicht eingegangen wird, verliert sich das meist in Lumpen und Gestank, in Holzgeschirr und Bauerntum. Bei Adel und Klerus wird mit dem Wissen über deren Bekleidung und die zugehörigen Bezeichnungen gespielt, doch einen tieferen Sinn hat das alles nicht. Deshalb fallen echte Schnitzer dann auch auf. So wenn Gablé in diesem Roman etwas zweimal die Bauersfrauen Obst einkochen lässt. Eine Technik, die erst Denis Papin um 1700 entwickelt hat, die aber echte Anwendung erst durch Napoleon fand, der seine Truppen besser versorgen musste. Die technischen Möglichkeiten hätte es auch nicht gegeben, wo sollten Bauern denn das Glas her nehmen? Mit Irdenware geht das nicht. Auch andere Formen der Haltbarmachung sind kompliziert, Salz ist ebenso wie Honig teuer, Zucker noch nicht entwickelt, Essig auch nicht wirklich zugänglich, Bleibt nur Gärung. Und das Buch weist eben immer wieder solche Fehler auf die man leicht hätte vermeiden können.
Fazit: Das Buch ist wie eigentlich immer routiniert geschrieben, liest sich gut weg, der Held mit wenig Ecken und Kanten gut zu ertragen, die Geschichte ist alles andere als neu, nur die historischen Umstände unterscheiden es von anderen der Reihe. Etwas übel nehme ich aber mittlerweile, dass jedes Buch weniger ein Mittelalter-Roman ist, sondern ein Buch dessen moderne Protagonisten durch ein mittelalterliches Handlungsset wandeln.