Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 21. Januar 2023
Über 12 Jahre verfolgte der Autor seine drei Hauptfiguren durch ihr literarisches Leben. Die Geschichte beginnt im heute polnischen Torun und endet 1922 in Berlin. In diese Zeit fallen ein Weltkrieg, die Novemberrevolution und verschiedene Konterversuche, die Spanische Grippe, die man heute eigentlich nicht mehr so nennen dürfte, und die beginnende Inflation in der Weimarer Republik. War anfangs der historische Hintergrund noch von einer gewissen Bedeutung, so verblasst er besonders in diesem dritten Band zunehmend. Hier geht es immer mehr nur noch um Mord und Totschlag.
Die drei Hauptfiguren sind Carl, der die Geschichte erzählt, die aufbrausende Isi und der "der draufgängerische Artur". Man muss die Vorgeschichte aus den ersten beiden Bänden kennen, sonst bekommt man Verständnisprobleme. Das Buch ist auch nichts für zartbesaitete Menschen, denn der "draufgängerische Artur" ist ein Berufsverbrecher ohne Hemmungen, der aber vom Autor als eine Art Robin Hood aufgebaut wird. Seine drei Hauptfiguren denken alle samt so wie der heutige linke Zeitgeist es vorschreiben würde. Wenn rechte Bösewichte mit ihren typischen Gewalttaten auftreten, ist das ganz schlimm. Macht der Rächer Artur es dann ebenso, klatscht man heimlich Beifall. Es ist schon faszinierend, wie der Autor einen Berufsverbrecher zum Helden stilisiert.
Diesen dritte Band durchzieht mehr als die beiden Vorgänger eine Spur von Gewalt, Verbrechen und Rache. Wer Spannung braucht, wird das Buch gut finden, denn sein Autor kann so fesselnd und reißerisch schreiben, dass man gelegentlich vergisst, was er da eigentlich schreibt. Und nebenbei interpretiert er die deutsche Geschichte dieser Zeit auch aus der heutigen Sicht etwas um. Aber wem will man das verdenken, wenn er nicht dabei gewesen ist? Es ist schwer, sich in eine fremde Zeit hineinzudenken und dabei alles zu vergessen, was man in der eigenen Gegenwart an Weltsicht im Unterbewusstsein gespeichert hat.
So legt der Autor Schwerpunkte, die er eindeutig aus der Gegenwart übernommen hat, etwa den Kampf gegen rechts und die Verfolgung Homosexueller. In diesem Zusammenhang ist es wirklich lustig, wie er seinen Artur aus der Geschichte nimmt: Der muss am Ende seinen offenbar schwulen Erzfeind küssen, um Isi zu retten, was seine ganze Autorität in seiner Verbrecherwelt zunichtemacht. Auf so etwas muss man erst einmal kommen. Natürlich ist das völlig abwegig, aber was soll’s – es dient der Sache. Und ich fand es ziemlich lustig.
Wie man dieses Buch bewerten soll, ist mir leider etwas schleierhaft. Auf der einen Seite verliert sein Autor völlig den historischen Faden. Ihm geht es nur noch um Gewalt und die Verstrickungen seiner drei Hauptfiguren in den Kampf gegen das Böse. Vieles ist alles andere als glaubwürdig. Andererseits aber liest sich das ganze groß aufgezogene Theater recht spannend. Wenn man nicht allzu verkniffen ist, kann man auch den damit verbundenen Unsinn leicht ertragen.