Am höchsten bewertete kritische Rezension
2,0 von 5 SternenWenn der Autor nicht weiß wann Schluss sein sollte ...
Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 28. August 2018
War das erste Buch der Känguru-Werke noch eine genial geschriebene System- und Gesellschaftskritik und betrachtet man das zweite Buch als interessanten Versuch dem Ganzen eine erzählerische Neuausrichtung zu geben, hat das dritte Buch nun fast schon gar nichts mehr von dem Charme und der Sinnhaftigkeit seiner Vorgänger.
Alles wirkt irgendwie unnötig in die Länge gezogen. Man könnte einige Kapitel einfach streichen, ohne das es der Handlung, oder gar der Botschaft des Gesamtwerkes einen Abbruch tun würde. Manche Stellen wirken auch ziemlich "wirr" und weit hergeholt, wobei mir schon bewusst ist, dass diese Formulierung in einer Kritik über ein Buch in dem es um ein sprechendes Känguruh geht auch ziemlich gewagt ist ... dennoch trifft diese zu!
Befindet man sich am Anfang der Buchreihe noch in einer WG in Berlin und verfolgt gespannt die Szenen zwischen dem Kleinkünstler Marc-Uwe und dem kommunistischen Känguru, wird man zum Schluss (ACHTUNG SPOILER!) mit einer indoktrinierten Pinguin-Arme am anderen Ende der Erde konfrontiert, welche versucht die Welt zu einem riesigen Flughafen umzubauen.
Man kann natürlich dem Autor unterstellen, er hätte hier ein geniales Bild geschaffen, in dem er Probleme wie die gleichgeschalteten Medien, die Mär des unbegrenzten Wachstums, den unermesslichen Konsumwahn, oder die scheinbar grenzenlosen Machtbestrebungen der Großkonzerne und deren Einflussnahme in Politik und Gesellschaft aufzeigt. Man kann das aber auch von der Warte aus betrachten, dass Marc-Uwe Kling auf 400 Seiten (s)eine Kuh einfach nur noch weiter gemolken hat. Es ist schon ziemlich ironisch, wenn sich jemand in seinem Buch darüber beschwert, dass alle nur noch "mehr, mehr, mehr ..." wollen, dann aber anscheinend selbst nicht weiß wann Schluss sein sollte. So kann man die Schilderungen der Gespräche mit seinem Agenten im Haus des Ullstein-Verlags, in denen sich Marc-Uwe Kling zum Teil widerwillig dazu animieren lässt seine Geschichte in diese Richtung ausarten zu lassen, schon fast als Rechtfertigung gegenüber dem Leser ansehen. Er hätte genauso gut schreiben können: "Von irgendwas muss ich ja leben und anscheinend findet es der Markt gut!".
Es ist schon bezeichnend, dass die kurz geschilderten Anti-Terror-Anschläge im Anhang beim lesen mehr Spaß machen und eine bedeutendere Essenz zutage fördern, als ein Großteil des zuvor gelesenen Buches. Ergibt die erste Hälfte dieses Buches wenigstens noch etwas Sinn, will die zweite absolut nicht in die Känguru-Welt hineinpassen. Mit der Idee des "Asozialen Netzwerkes" hätte man so viel anstellen können, doch dem Autor fällt nichts Besseres ein, als die Geschichte immer verkorkster werden zu lassen, so das man als Leser, welcher den Zwist zwischen dem Känguru und Marc-Uwe lieb gewonnen hat, dass Ende schon fast herbeisehnt.
Mein Fazit:
Hat man den Drang eine Buchreihe unbedingt zu Ende lesen zu müssen, kann man sich "Die Känguru-Offenbarung" zu Gemüte führen. Allerdings sollte man sich darauf einstellen, dass man hier weder den genialen Witz der vorherigen Werke widerfinden wird, noch die sympathischen Hauptfiguren. Es ist meiner Meinung nach offensichtlich, dass man hier einfach nur noch eine Fortsetzung auf den Markt bringen wollte und dabei das Gespür für den zuvor guten erzählerischen Stil verloren hat. Wirklich sehr schade!
Bleibt nur zu hoffen, dass Marc-Uwe Kling mit dem vierten Teil (Die Känguru-Apokryphen; ab 12.10.2018 erhältlich) seine grundsätzlich durchaus interessant gestalteten Charaktere, nicht noch weiter durch den Dreck zieht.