Am höchsten bewertete kritische Rezension
3,0 von 5 SternenDas Buch lag 2 Jahre ungelesen im Regal...
Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 8. September 2022
... und das ist eher untypisch für mich, denn auch, wenn ich an Frau Links Büchern meistens viel auszusetzen habe, so muss ich gestehen, dass ich jede Neuerscheinung von ihr kaufe und eigentlich auch gleich lese.
Das war bei diesem Buch hier anders, und ich kann gar nicht so genau sagen, warum ich damals, als das Buch neu auf dem Markt war, nicht gleich mit dem Lesen begonnen habe - irgendwie überfiel mich beim Gedanken daran, jetzt einen Link-Roman lesen zu "müssen", eine gähnende Langeweile, mir fehlte jegliche Motivation für diese Story.
Nun aber hörte ich, dass in Kürze ein neues Buch der Autorin auf den Markt kommen soll, und da dachte ich, es wäre vielleicht nicht schlecht, vorher jenes 2 Jahre alte Buch endlich mal in Angriff zu nehmen.
Vorweg: Ich mag Caleb und Kate nicht! Beide Protagonisten triefen vor Selbstmitleid - der eine, weil er sein Alkoholproblem nicht in den Griff bekommt, die andere, weil sie so allein ist und so wenig Selbstbewusstsein hat - mich ödet diese Larmoyanz furchtbar an.
Ärgerlich finde ich auch diese unkritische Art, mit der im Buch Calebs recht "ordentlicher" Alkoholkonsum verharmlost und verniedlicht wird: Alle anderen, in erster Linie DC Stewart, sind angeblich schuld daran, dass der "arme" Caleb, der im Suff den Tod dreier Menschen zumindest ansatzweise auf dem Gewissen hat, weil er sich psychologisch selten dämlich anstellte, wegen seines dauertiefen Blicks ins Whiskyglas vom Dienst suspendiert wurde. Jener DC Stewart, der im Roman gar nicht gut wegkommt - im wahrsten Sinne des Wortes - hat hinsichtlich Calebs Alkoholkonsum völlig richtig gehandelt und auch völlig richtig argumentiert - auch wenn das der Heuler Caleb und seine loyale Freundin Kate anders sehen mögen.
Auch Kates Polizeiarbeit wirkt teilweise haarsträubend und absolut unprofessionell, denn in ihrem Haus geben sich die Verdächtigen und die Zeugen die Klinke in die Hand und beziehen dort gleich auch noch das Gästezimmer - unfassbar!
Und einen Freund, der ein ziemlich langweiliges Leben führt und dabei doch sooooo gerne Detektiv spielen will, hat sie auch noch - lieber Himmel! Das mutet alles reichlich naiv an.
Insgesamt hat der Plot einige logische Hänger: So fällt es z. B. dem Chef eines Unternehmens für Krankentransporte nicht auf, dass einer seiner Mitarbeiter ein Zeugnis von einer Krankenpflegeschule vorlegt, die es gar nicht gibt. Also, ich weiß nicht - normalerweise kennt man die Ausbildungsstätten des eigenen Berufsstandes ein bisschen, oder? Da weiß man als langjähriger Profi einfach, wo man bestimmte Ausbildungen absolvieren kann, und wo nicht, und da müsste es einem auffallen, wenn jemand einen Ausbildungsnachweis einer Schule vorlegt, die gar nicht existiert!
Auch die Reaktionen der Eltern auf den gewaltsamen Tod eines Babys finde ich seltsam beschrieben - das passte für mich überhaupt nicht.
Und ein 12jähriger Jugendlicher, der ein kleines Mädchen entführt und dem - obwohl er sicherlich bei dieser Aktion nichts Gutes im Schilde führte - nichts nachgewiesen werden kann, der wird nicht für fast 12 Jahre weggesperrt. Auch nicht in Großbritannien! Das ist völliger Quatsch!
Ebenso ist es Humbug, wenn behauptet wird, ein sprachlich und kognitiv retardierter 7jähriger komme nach einer vermeintlichen Gewalttat ebenfalls für über ein Jahrzehnt und über einen Gerichtsbeschluss in Gewahrsam. Aber diese Unwahrheiten passen halt so gut in die etwas verquaste und unnötig kompliziert gehaltene Geschichte der Frau Link...
Auch halte ich die Tatsache, ACHTUNG SPOILER!!!, dass sich ein gewalttätiger, aber durchaus schlauer Junge ausgerechnet mit einem kognitiv eingeschränkten Jungen zusammentut, um gemeinsam mit diesem einen Rachefeldzug zu planen, für sehr weit hergeholt, denn ein schlauer Junge weiß, dass es ein viel zu hohes Risiko darstellt, mit jemandem, der nicht den allerhöchsten IQ hat, gemeinsame Sache zu machen! SPOILER ENDE.
Verstanden habe ich auch nicht, warum der Täter in jenem Mietshaus Xenia und Oliver nicht über die Wupper gehen ließ, während er ansonsten wild um sich ballerte und zwei andere Menschen tötete. Das erscheint mir absolut unlogisch.
Und wie doof müssen eigentlich zwei - angeblich superschlaue und super-intuitive - Polizisten sein, wenn sie nicht checken, dass ein am Körper verstecktes Handy, das auf Vibrationsalarm eingestellt ist, ihren ganzen tollen Plan zunichtemachen kann?
Alles in allem also mal wieder viel Kritik an einem ziemlich bemühten und mühsamen Plot, den Frau Link da zusammengeklöppelt hat, aber insgesamt empfinde ich "Ohne Schuld" (der Titel täuscht: In diesem Roman gibt es sehr viele Schuldige, allen voran Oliver, der weinerliche Ehemann!) doch etwas besser als die beiden anderen Caleb- und-Kate-Romane, und deswegen gibt es 3 eher schwach leuchtende Sternlein von mir.
Und ich habe es schon beim letzten Roman der Autorin angemerkt und sage es jetzt hier nochmal: Katzen sollten keine Milch trinken! Prost, Messy!