Kundenrezension aus Deutschland 🇩🇪 am 29. August 2021
Bevor ich auf dieses Modell und die hiermit verbundenen, extremen Sparmaßnahmen näher eingehe, möchte ich für Interessierte den Verlauf bei „Kipling“ ein bisschen beleuchten und den alten Fans schon einmal vorab mitteilen, dass sich Kipling für uns zukünftig wohl endgültig erledigt haben wird – es sei denn, man ist bereit, diese Preise auch noch für Modelle zu zahlen, die zukünftig mit Kipling praktisch nichts mehr zu tun haben werden.
Der Text wird daher entsprechend lang, aber für Einige evtl. auch ein bisschen informativ – hoffe ich zumindest ;).
Ich bin Kipling-Fan erster Stunde – mein Onkel brachte mir Ende der 80er meine erste Tasche direkt aus Belgien mit – da gab es sie hier noch gar nicht.
Kipling? – das war einmal...
1987 von 3 Jungs aus Belgien gegründet, nachdem sie das ursprüngliche „Wolken“-Crinkle-Nylon entdeckten – eine tolle, leichte und robuste Kollektion von Taschen/Rucksäcken, etc., die verdient ihren Siegeszug um die Welt antrat.
Bis Kipling, ebenso wie viele, weitere bekannte Marken, z. B. auch Eastpak, vor etlichen Jahren leider von der VF Corporation übernommen wurde, die die Produktion außerdem von Antwerpen ins diesbezüglich billigere Asien (mit z. T. schlimmen Arbeitsbedingungen: Bangladesch) verlagerte - und das Desaster begann.
2012 bemerkte ich dies bei meinem absoluten Liebling, der Defea, als plötzlich 2 der ehemals 3 Stiftfächer fehlten, eins der vorderen Außenfächer nicht mehr gefüttert war und, um das Ganze vielleicht etwas abzumildern, stattdessen die beiden Extra-Riemen verlängert wurden. Eine vollkommen sinnlose Änderung, denn zum Umhängen waren sie immer noch zu kurz und nun hingen sie ziemlich im Weg und verdrehten sich außerdem ständig.
Vormals fast um die Hälfte kürzer waren sie einfach sehr praktisch zum schnellen Greifen der Tasche und ein nettes Detail.
Im Zuge der weiteren Sparmaßnahmen bei Kipling erhielt die Defea, wie auch die anderen Modelle, für einige Jahre ein neues, furchtbares Futter, welches unangenehm raschelte und überhaupt sehr plastikmäßig anmutete.
Vor etwa 2 Jahren sah sich Kipling jedoch scheinbar gezwungen, die Qualität des Futters zum Glück wieder zu verbessern.
Es folgten zwei kuriose Defea-Ableger (z. B. „Satin“), die jedoch ganz schnell wieder verschwanden.
Die letzten Änderungen betrafen das größere Innenfach, welches nun nur noch flach angenäht wurde, statt mit Falte gearbeitet zu sein, den RV des rückseitigen Fachs: bei allen Modellen mit diesem Fach wurde eines der Kipling-Highlights, der ursprüngliche, leichtläufige, breite und hochwertige Industrie-RV mit den großen Zippern (der übrigens schon immer aus Kunststoff bestand – Einige denken, dass er früher aus Metall war; dem ist aber nicht so), durch einen normalen Spial-RV ersetzt (eine Ausnahme bildete lediglich die Europa New – die Wiederauferstehung des bereits seit Jahren eingestellten Klassikers Europa, die es jedoch ausschließlich bei QVC gibt/gab und die nun auch dort, obwohl ein Verkaufsschlager, eingestellt wird – siehe auch weiter unten).
Weiterhin sparte man den dekorativen Zierriegel an einem Vorfach ein (wieder ein Stück Riemenmaterial und eine Metallöse gespart) und nannte das Modell nun „Defea Up“ - bei selbstverständlich gleichem Preis!
Bereits bei diesem Modell war mein Interesse erloschen – aber mir schwante Übles.
Nicht umsonst – denn nun wurde der absolute Bestseller tatsächlich komplett verhunzt und kastriert – bei wohlgemerkt immer noch gleichem Preis!
Aber vorab – was lieben wir an Kipling, was macht(e) Kipling aus?
Die Qualität, die Leichtigkeit und Robustheit, die v. a. aus dem genialen Crinkle-Nylon resultieren, welches aus dem hochwertigen Polyamid besteht, die ebenso genialen, leichtläufigen Industrie-RV's mit den großen, auch mit Handschuhen gut griffigen Zippern, die recht rutschfesten Gurte mit den guten Verstellern, haltbare Hardware aus Metall – die trotzdem recht leicht ist, das enorme Platzangebot mit durchdachten Innen- und Außenfächern, die geniale Schlüsselschlange mit dem Metallkarabiner, nette Details und natürlich das Plüschäffchen – welches den Daumen in den Mund oder die Händchen zusammenstecken kann und immer ein angenähtes Schild mit dem Namen eines/er Kiplingmitarbeiters/in trägt (pro Farbe ein Name) – eine nette Geste seitens Kipling.
Aber auch diese Geste wird verschwinden, denn die Plüschäffchen gibt es kaum noch – stattdessen nun vermehrt die Robo-Affen aus Gummi, oder Metall ohne Namen (wobei ich die aus Metall auch grundsätzlich recht edel finde, aber es fehlen eben immer mehr die für Kipling typischen Details).
Neueren Kipling-BesitzerInnen würden wohl die Augen übergehen, ob der unglaublichen Ausstattung mit ebensolchen Details der ganz alten Modelle.
Die allerersten Modelle besaßen zwar teils noch kein Futter, aber grundsätzlich hatten sie noch breitere Riemen, größere und aufwändigere Riemenversteller, größere Äffchen, größere Zipper, größere, 3-farbige Embleme (Schwarz-Weiß und der Bereich um den Stern in Taschenfarbe), die grundsätzlich aus zwei Materialien gefertigt waren (Vlies, Gummi), viele tolle und liebevolle Details, etc, etc.
Wir haben u. a. z. B. noch einen alten Rucksack, der eine Ausstattung besitzt, von der man heute nur noch träumen kann und bei dem wir erst nach geraumer Zeit sogar noch Fächer sowie 3 Stifthalter entdeckten, die sich unter einem Nylonriegel außen an einem Rucksackgurt versteckten. Und dieser Riegel hat sogar zusätzlich noch ein extra Kiplingemblem. Man merkt bei den alten Modellen eben einfach noch die Liebe zu den Produkten.
Modelle, die Jahr um Jahr geschleppt wurden/werden und nach wie vor qualitativ unvergleichlich sind und daher auch ihren Preis wert waren.
Nur einmal zum Vergleich, weil ich das noch im Kopf habe: 2009 kostete die alte, top ausgestattete Defea noch 59 Euronen – heute kostet die neue, nun vollkommen abgespeckte und überdies kleinere Version mind. 89.
Tja, und v. a. seit 2012 begannen also die erheblichen Sparmaßnahmen.
Die Qualität des Futters wurde katastrophal, die zum Glück wieder revidiert wurde, es wurden billigere Äffchen eingeführt, Riemen/Versteller, auch an großen Taschen, wurden schmaler, Fächer wurden wegrationalisiert oder kleiner (auch außen / innen v.a. zu einer Zeit, als die Handys immer größer wurden), an Futter wurde bei manchen Modellen z.T. so schlimm gespart, dass die obere Innenkante des Haupt-RV freilag und sofort begann, aufzuribbeln, statt RV's gab es teils nur noch Klett/Knöpfe, die Qualität des Riemenmaterials hat nachgelassen – mittlerweile wird es sehr schnell rubbelig und auch mit gezogenen Fäden muss man aufpassen (früher war das kurioserweise nicht der Fall, obwohl das Material eigentlich identisch scheint – aber das alte ist haptisch irgendwie fester), insgesamt wurden nette und praktische Details immer weniger, usw., usf....
Es gibt aber auch Kleinigkeiten, die nicht für jede/n (sofort) erkennbar sind: das runde Teil am Zipper war früher aus Hartgummi, nun nur noch aus Hartkunststoff, das Kipling-Emblem bestand früher aus zwei Materialien, heute oft aus Kunststoff mit lediglich simpel eingeprägtem Logo, Metallzipper, z. B. an den Innenfächern, trugen früher immer das typische Kipling-Schriftzeichen mit dem Äffchen in 3D – heute ist meist nur noch klein „Kipling“ eingraviert, etc., etc.
Und selbst die kleinste Änderung spart, v.a. auf die Menge gerechnet, eben einen Haufen Geld.
Neben den Unifarben wurden vermehrt z.B. gemusterte Modelle, deren Außenmaterial aus dem weniger hochwertigen, labbrigeren Polyester besteht, eingeführt – jahrelang wurde dies jedoch nicht entsprechend angegeben.
Mittlerweile gibt es eine derartige Fülle an Außenmaterialien/Materialmischungen (auch Beschichtungen, wie Metallic, die sich v.a. an jüngeren Modellen schon mal lösen können), durch die ich nicht mehr durchsteige und auch nicht weiß, ob diese immer korrekt angegeben werden und wie haltbar die überhaupt sind.
Und auch die Qualität ließ eben immer öfter und mehr zu wünschen übrig – und all das bei gleichzeitig regelmäßig steigenden Preisen.
Folgendes gab es früher nicht: sich nach wenigen Tagen öffnende Nähte außen und innen sowie sich ebenso schnell aufrubbelndes Material, v.a. an an Ecken/Kanten bei Modellen aus Polyester, schiefe/bereits ab Werk nachgenähte Nähte, wellige RV's (einer ging bei uns kaputt), schiefe Stoffteile und hierdurch verzogene Taschen, zu knapp gefasste Riemenhalter, klemmende Spiral-RV's, mehrere neue Taschen wurden bereits mit gezogenen Fäden am Riemen geliefert, etc., etc.
Es gibt auch keinen Reparaturservice – sehr ärgerlich v. a. wenn einer der großen Industrie-RV's defekt ist, da man diese nirgendwo nachkaufen kann.
Die alten Kiplinge konnten auch problemlos in der WaMa gewaschen werden (30°, Wäschesäckchen, kaum/gar nicht schleudern, kein Weichspüler, Äffchen und evtl. den Riemen vorher ab), auch wenn man die 2jährige Garantie verlor, wenn dabei etwas passierte – heute würde ich mich das kaum mehr trauen, schon gar nicht bei diesen vielen, kuriosen Materialien.
Dass Kipling bei DEN Preisen nie allen Modellen 2-Wege-RV's spendiert hat, die für alle sicher wären, ist einfach ärgerlich.
Umso ärgerlicher, dass vor ca. 2 Jahren nun auch noch die Laufrichtung der RV's geändert wurde.
Schlossen sie früher für die häufigeren Rechtsträger sicher nach vorne, ist es nun umgekehrt – das freut nun zwar die Linksträger, ist aber ein Unding.
Diese extreme Vermehrung von Modellen, Materialien und Änderungen, bei denen selbst alte Fans evtl. den Überblick verlieren, scheint wohl genau den Sinn zu haben, eben immer miesere Einsparungen, möglichst unbemerkt, vornehmen zu können.
Denn nun kommen die beiden Knaller:
Vor Kurzem gab es ein neues Kipling-Tagesangebot bei QVC, die „Jelka“, etwa in der Größe der Defea – und ich konnte es ja nicht glauben, aber nun wurde tatsächlich auch noch ganz frech der Haupt-RV gegen einen Spiral-RV ausgetauscht!
Damit es nicht gleich so auffällt, wurden zumindest noch die großen Zipper drangelassen.
Ich entdeckte es dennoch auf den Fotos und auch in den Fragen/Bewertungen ist es nun zum Glück zu lesen – leider haben es viele scheinbar trotzdem nicht bemerkt.
Und diesen minderwertigen RV werden sie eben mit ziemlicher Sicherheit nach und nach wohl allen Modellen verpassen – genau, wie es vor Jahren bereits beim rückseitigen RV erfolgt ist!
Und dass die, v.a. bezüglich der Industrie-RV's (ganze 6, davon 2x 2-Wege), noch so top ausgestattete, oben erwähnte Europa New daher aus dem Programm gehen MUSS, ist natürlich nachvollziehbar.
Ich denke, dass hier (wieder einmal) die QVC-Kunden praktisch als Testkäufer herhalten mussten – denn wenn ich mich richtig zurück erinnere, war es 2013 die „Morika“, ebenfalls eine QVC-exklusive Tasche und ebenfalls in dieser Größe, bei der zum ersten Mal rückseitig der Spiral-RV, das miserable Futter, die ungefütterten Vorfächer und der schmalere Riemen eingeführt wurde - und die, obwohl nur mit 3 Außenfächern ausgestattet, zusätzlich in der Präsentation ganz frech mit der Defea und deren Preis vergleichen wurde.
Tja, WAS bliebe dann überhaupt noch Kipling-typisch übrig? Und WAS würde diese Preise dann überhaupt noch ansatzweise rechtfertigen?
Der für mich daneben größte Schreck – die Cool Defea:
Am selben Tag wurde bei QVC auch eine mir unbekannte „Defea“ vorgestellt – eine vollkommen abgespeckte Version und nun eben mit Namen „Cool Defea“ – zum gleichen Preis!
Weshalb ich sofort auf der Kipling-Website nach meiner „alten“ Defea suchte – und auch dort nur noch diese Spar-“Defea“ fand, die alles Andere, aber ganz sicher nicht „Cool“ ist!
Sie haben also tatsächlich den absoluten Bestseller aus dem Programm genommen – bzw. ihn derart verhunzt, dass er praktisch nicht mehr existiert! UNFASSBAR!
Hier nun die Einsparungen im Vergleich zur ursprünglichen Defea:
Neu: 33x22x12,5cm, alt: 33x24,5x19cm – in der Höhe fehlen also 2,5, in der Tiefe ganze 6,5cm (WIE kann es also sein, dass der seitens Kipling angegebene Inhalt von 11L angeblich noch immer identisch mit der alten Version ist?), unfassbare VIER Außenfächer wurden wegrationalisiert (die alte D. hatte 2 unsichtbare Fächer mit Klett an den Seiten, in die jedoch viel hineinpasste und selbst die beiden Extra-Fächer auf den Vorfächern waren gut nutzbar), womit gleichzeitig auch 3 Industrie-RV's sowie eine Klappe mit Dekoriegel eingespart werden konnten, kein 2-Wege-RV am Hauptfach mehr, keine Schlüsselschlange mehr, rückseitiges Fach kleiner und nur noch mit Spiral-RV, Umhängeriemen/Versteller schmaler, die beiden Extra-Riemen sind nur noch simpel in die Nähte eingefasst – Kunstlederverstärkungen an den Griffstellen der Extra-Riemen und an den ursprünglichen Riemenbefestigungen fehlen, nur 2 statt der ursprünglich mal 3 Stiftfächer!
Wohlgemerkt bei GLEICHEM Preis!
Wer das noch mitmacht, ist selbst Schuld – die Nachfrage regelt hier definitiv das Angebot.
Wir haben Kipling eh bereits etliche Jahre nur noch im Angebot oder gebraucht gekauft, denn die UVP der Modelle nahm irgendwann vollkommen i..sinnige Züge an.
Und selbst die Tagesangebote bei QVC wurden immer teurer – nach unserer Erfahrung stimmt dort übrigens oftmals die Qualität noch weniger, v.a. bei den mittlerweile eben recht häufigen QVC-exklusiven Modellen.
Aber auch dort mehren sich langsam die negativen Bewertungen (die leider nicht immer veröffentlicht, oder später sogar wieder gelöscht werden) bezüglich Sparmaßnahmen und Qualität.
Für uns (ja, auch der gute Göttergatte trägt Kipling) war's das nun – jetzt haben sie es endgültig übertrieben.
Es ist traurig zu sehen, wie dieses ehemals wirklich tolle Label den Bach runtergeht.
Dass Kollektionen modernisiert werden und man ab und an mal Neues probiert – ok.
Aber was hier passiert – zu wohlgemerkt immer höheren Preisen – nee, Leute, echt nicht!
Zum Glück haben wir eine entsprechend große Sammlung – denn eine echte Alternative kennen wir nicht.
Es gibt ja optisch praktisch identische, aber qualitativ minderwertige Kopien (z. B. von Bag Street) – vielleicht sollten die frechen Kopierer mal das Kopieren beenden und stattdessen die echte, alte Kipling-Qualität zu wieder vernünftigen Preisen aufleben lassen – vielleicht würde „Kipling“ ja irgendwann mal aufwachen.
Wenn es dann nicht bereits zu spät ist.
Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es tatsächlich jemanden gibt, der 90 Euronen für eine derartige Tasche bezahlt.
Alte Fans wird man wohl mit Sicherheit endgültig verlieren – und neue kann man so jedenfalls nicht gewinnen.
Was wohl die drei Gründerjungs mittlerweile denken?
Aber selbst Schuld, wenn man ein Unternehmen, welches mit Sicherheit hervorragend lief, verscherbelt.