Das Erscheinen eines neuen King ist immer ein Highlight. Nicht nur, weil er mein Lieblingsautor, sondern auch ein grandioser Geschichtenerzähler ist. Beiden Punkten ist allerdings geschuldet, dass die Erwartungen stets sehr hoch sind. Bei „Fairy Tale“ war das nicht anders. Vor allem, weil die Kritiken aus den Staaten wieder überschwänglich waren und King und Dark Fantasy eigentlich eine sichere Bank sind. Eigentlich. Denn soviel vorweg: mich konnte das Buch nur in Teilen begeistern und überzeugen.
Dabei gehören die ersten dreihundert Seiten für mich mit zum Besten, was King seit Jahren zu Papier gebracht hat. Klar, er holt wieder weit aus, aber mich hat die Erzählung von Charlie sofort gepackt. Die erste Person ist dabei eine dankbare Erzählperspektive und King liefert wieder eine greifbare, sympathische und tragische Hauptfigur; einen echten Helden und Märchenprinzen eben😉.
Da man durch den Klappentext die ganze Zeit über weiß, wohin die Story noch gehen wird, baut King automatisch unterschwellig Spannung auf. Wenn es dann endlich in die Anderwelt geht, fällt diese leider rapide ab. Sobald Charlie die Märchenwelt betritt - die mit mehr Verweisen auf die Popkultur gefüllt ist, als Castle Rock mit Psychopathen😅 - beginnt eine plottechnische Durststrecke. Wir laufen mit Charlie immer neuen Leuten über den Weg, essen und schlafen bei ihnen und ziehen weiter. Es wird auch nicht besser, als Charlie in das Herz der Anderwelt vordringt und dort einige Zeit festsitzt. Noch mehr neue Namen, noch weniger Plot und am Ende ein paar blutige Gladiatorenkämpfe.
King baut seine Anderwelt durchaus gut auf, aber in Sachen Worldbuilding hätte ich mir auch von ihm mehr erwartet, denn man sieht nur einen kleinen Ausschnitt seiner Welt. Schade! Weniger Vorgeschichte, mehr Story in der Märchenwelt wäre schön gewesen.
So fängt „Fairy Tale“ stark an, lässt aber auch stark nach. Da hat mich der im letzten Jahr viel gescholtene „Billy Summers“ mehr überzeugt.